Fokusthema Postoperative Wundinfektionen

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Postoperative Wundinfektionen in der Tiermedizin (SSI)

Factsheet

Factsheet: SSI in der Veterinärmedizin

SSI in der Veterinärmedizin

Postoperative Wundinfektionen (SSI – Surgical Site Infections) sind eine Form der im Krankenhaus erworbenen oder nosokomialen Infektionen.

Postoperative Wundinfektionen sind ein Alptraum für jeden Chirurgen. Sie sind Hauptursache für chirurgische Komplikationen und chirurgisches Versagen. Für den Patienten sind sie mit längerem stationärem Aufenthalt, mehr Behandlungen, Morbidität und Mortalität verbunden. Für den Besitzer gehen diese mit emotionalem Stress und finanzieller Mehrbelastung einher. [1]

Postoperative Wundinfektionen entstehen als Folge des Eindringens von Mikroorganismen in die Operationswunde. Dabei kann es sich um endogene Flora des Patienten selbst handeln, aber auch eine exogene Kontamination durch im Operationssaal anwesende Personen, Übertragung durch Hände oder Raumluft sind möglich.

Die Manifestation postoperativer Wundinfektionen reicht von einer asymptomatisch verlaufenden raschen Elimination der kontaminierenden Erreger, über lokale Hautrötungen im Nahtbereich, bis hin zur aszendierenden Weichteilinfektion mit möglicher Ausbreitung und Sepsis. [2]

Postoperative Wundinfektionen in der Tiermedizin

Folgende Faktoren sind für die SSI Rate entscheidend: [3]

  • Menge und Konzentration der Mikroorganismen
  • Virulenz der Mikroorganismen
  • Lokale Wundverhältnisse
  • Immunstatus (ASA)
  • Anästhesie- und OP-Dauer
  • OP-Technik und OP-Typ (sauber, sauber-kontaminiert, kontaminiert, infiziert)
  • Temperatur
  • Perfusion, Sauerstoffsättigung und Glukosespiegel

 
Klassifiziert werden Wundinfektionen nach CDC und NRZ in oberflächliche, tiefe und Körperhöhlen-/Organinfektionen.

Infektion nach OP
an der Inzisionsstelle, die nur Haut oder subkutanes Gewebe miteinbeziehtan der Inzisionsstelle, die Faszienschicht und Muskelgewebe miteinbeziehtdie Organe oder Körperhöhlen erfasst, die während der Operation geöffnet wurden oder an denen manipuliert wurde
und
erste Symptome der Infektion innerhalb von 30 Tagen nach OPerste Symptome der Infektion innerhalb von 30 Tagen bzw. 90 Tagen nach OP in Abhängigkeit von der OP‐Art
und mindestens ein weiteres Kriterium
Eitrige Sekretion aus der oberflächlichen InzisionEitrige Sekretion aus der TiefeEitrige Sekretion aus Drainage mit Zugang zum OP‐Gebiet
Erregernachweis aus aseptisch entnommenem Material von Inzision/subkutanem GewebeAlle drei folgenden:
1. Ein Anzeichen: Fieber (>39,5°C) oder Schmerz oder Berührungsempfindlichkeit und
2. spontane Dehiszenz/bewusste Eröffnung und
3. Erregernachweis
Erregernachweis aus aseptisch entnommenem Material
Eines der folgenden (es darf jedoch keine negative mikrobiol. Untersuchung vorliegen):
- Schmerz/Berührungsempfindlichkeit
- lokalisierte Schwellung
- Rötung/Überwärmung und
- bewusste Eröffnung der Inzision
Abszess oder sonstige Infektionszeichen (festgestellt bei z. B. OP, Untersuchung, Bildgebung)Abszess oder sonstige Infektionszeichen (festgestellt bei z. B. OP, Untersuchung, Bildgebung)
Diagnose Wundinfektion durch behandelnden ArztDiagnose Wundinfektion durch behandelnden ArztDiagnose Wundinfektion durch behandelnden Arzt
oberflächliche postop. Wundinfektiontiefe postop. Wundinfektionpostop. Körperhöhlen‐/Organinfektion
(Vereinfachte Darstellung nach KISS NR-hygiene.de)

In der Tiermedizin liegt die postoperative Wundinfektionsrate zwischen 0,2-8% ​[4–10] für die Kleintiermedizin und beim Pferd werden sogar bis zu 50% SSI berichtet. ​[11]

Die Dunkelziffer kann dabei noch deutlich höher sein, da keine echte Erfassung/Überwachung (Surveillance) postoperativer Wundinfektionen in der Tiermedizin und über einen längeren Zeitraum (30 bzw. 90 Tage) durchgeführt werden. ​[10]

Nicht alle postoperativen Wundinfektionen sind vermeidbar, aber durch strikte Asepsis und gezielte Präventionsmaßnahmen lassen sie sich auf ein Minimum reduzieren. ​[12]

[​1] Nicoll C, Singh A, Weese JS. Economic impact of tibial plateau leveling osteotomy surgical site infection in dogs. Vet Surg 2014; 43(8):899-902.
[​2] Tobias KM. Veterinary surgery: Small animal. Second edition. St. Louis, Missouri: Elsevier; 2018.
​[3] Robert-Koch-Institut (RKI). Prävention postoperativer Wundinfektionen. Bundesgesundheitsbl 2018; 61(4):448-73.
[​4] Eugster S, Schawalder P, Gaschen F, Boerlin P. A prospective study of postoperative surgical site infections in dogs and cats. Vet Surg 2004; 33(5):542-50.
[​5] Espinel-Rupérez J, Martín-Ríos MD, Salazar V, Baquero-Artigao MR, Ortiz-Díez G. Incidence of surgical site infection in dogs undergoing soft tissue surgery: risk factors and economic impact. Vet Rec Open 2019; 6(1):e000233.
[​6] Mayhew PD, Freeman L, Kwan T, Brown DC. Comparison of surgical site infection rates in clean and clean-contaminated wounds in dogs and cats after minimally invasive versus open surgery: 179 cases (2007-2008). J Am Vet Med Assoc 2012; 240(2):193-8.
[​7] Nelson LL. Surgical site infections in small animal surgery. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2011; 41(5):1041-56, viii.
[​8] Beal MW, Brown DC, Shofer FS. The effects of perioperative hypothermia and the duration of anesthesia on postoperative wound infection rate in clean wounds: a retrospective study. Vet Surg 2000; 29(2):123-7.
[​9] Brown DC, Conzemius MG, Shofer F, Swann H. Epidemiologic evaluation of postoperative wound infections in dogs and cats. J Am Vet Med Assoc 1997; 210(9):1302-6.
[​10] Turk R, Singh A, Weese JS. Prospective surgical site infection surveillance in dogs. Vet Surg 2015; 44(1):2-8.
[​11] Ahern BJ, Richardson DW. Surgical Site Infection and the Use of Antimicrobials. In: Auer JA, Stick JA, editors. Equine surgery. 4th ed. St. Louis, Mo: Elsevier/Saunders; 2012. p. 68-84.
[​12] Harbarth S, Sax H, Gastmeier P. The preventable proportion of nosocomial infections: an overview of published reports. J Hosp Infect 2003; 54(4):258-66; quiz 321.​